Zur Geschichte der Juden in Hameln

und in der Umgebung

 

Hemmendorf

 

Teil der zum Landrabbinat Hannover gehörenden Synagogengemeinde Salzhemmendorf
 

Lage und Größe:

am südlichen Dorfrand an der Straße Vor dem Tore (Richtung Salzhemmendorf) schräg gegenüber dem christlichen Friedhof
251 qm

Bestand an Steinen:

Keine; die Einfriedung durch senkrecht stehende Sandsteinplatten ursprünglich

Daten zur Geschichte:

• 1838 geschaffener Vorgängerfriedhof, nördlich vom Dorfkern gelegen

• Bestattungen auf dem Vorgängerfriedhof bis 1857; 1862 im Rahmen der Verkoppelung aufgegeben; 1874 zuletzt bezeugt als innerhalb von Gärten liegend; heute verschwunden

• 1847 der heutige Friedhof zuerst bezeugt (alter und neuer Friedhof zeitweise nebeneinander benutzt)

• 1938 durch Einwohner des Ortes zerstört, die Steine entfernt, das Grundstück als Garten genutzt

• Nach dem Zweiten Weltkrieg Wiederherstellung samt Aufrichtung der ursprünglichen Einfriedung

• in den 1960er Jahren vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen gesetzter Gedenkstein

• 2011 Aufstellung einer Erinnerungs- und Informationstafel

 

 

 
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Text der Erinnerungs- und Informationstafel des jüdischen Friedhofs Hemmendorf

 

Die jüdische Gemeinde in Hemmendorf besaß im 19. Jahrhundert zwei Bestattungsorte. Ein älterer, heute verschwundener Friedhof lag nördlich der Alten Heerstraße. Auf ihm war zwischen 1838 und 1858 beerdigt worden.

Der neue Friedhof wurde 1847 an dieser Stelle angelegt. Als er in der Pogromnacht des 9. November 1938 von Nationalsozialisten des Ortes geschändet und zerstört wurde, stand er voller Grabsteine. Der Bürgermeister gab das geräumte Grundstück anschließend zur Nutzung als Garten frei.

Nach Kriegsende wurde der Platz wiederhergestellt. Grabsteine waren nicht mehr aufzufinden, aber die ursprüngliche Einfriedung durch Sandsteinplatten konnte wieder aufgerichtet werden. Den Gedenkstein hat der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, dem das Grundstück gehört, in den 1960er Jahren aufstellen lassen.

Dieser Friedhof ist das letzte Zeugnis jüdischen Lebens in Hemmendorf. Nach jüdischem Verständnis haben Friedhöfe Ewigkeitsanspruch. Die Ruhe der Toten darf unter keinen Umständen gestört werden.

 

Jüdisches Leben in Hemmendorf

 

Über 250 Jahre haben Juden in Hemmendorf gewohnt und gearbeitet und das dörfliche Leben bereichert. Vor allem im 19. Jahrhundert war das jüdische Leben mit zeitweise fünf Familien recht bedeutsam.

Die Geschichte der Juden in Hemmendorf endete gewaltsam in der Zeit des Nationalsozialismus. Damals lebten mit Plauts, Zeckendorfs und Catzensteins noch drei jüdische Familien im Ort.

Karl Zeckendorf wurde in der Pogromnacht am 9. November 1938 in das KZ Buchenwald verschleppt und starb dort am 21. November 1938 an schweren Misshandlungen.

Die drei letzten jüdischen Einwohnerinnen Hemmendorfs – Klara Plaut und die Schwestern Margarete und Thekla Zeckendorf – wurden am 28. März 1942 aus Hemmendorf in das Ghetto Warschau deportiert und ermordet.

Vier Hemmendorfer Jüdinnen wurden aus anderen Orten des Deutschen Reiches verschleppt und ermordet.
Selma Grüneberg, geborene Zeckendorf, wurde im Oktober 1941 aus Köln in das Ghetto Lodz deportiert. Dort starb sie am 4. Mai 1942.
Frieda Zeckendorf und ihre 17-jährige Tochter Hannelore wurden am 28. März 1942 aus Göttingen in das Ghetto Warschau verschleppt.
Sofie Blank wurde am 27. Juli 1942 von Köln in das Ghetto Theresienstadt deportiert, in das die Nazis ausschließlich ältere jüdische Menschen verschleppten. Dort starb sie am 23. August 1943.

Zwei Hemmendorfer Jüdinnen nahmen sich angesichts ihrer bevorstehenden Deportation das Leben. Es handelt sich um Margarethe Catzenstein (am 18. März 1942 in Frankfurt) und ihre Tochter Elsa Nonne, geborene Catzenstein (am 14. Mai 1944 ebenfalls in Frankfurt).


Text Bernhard Gelderblom


Lit.:

Bernhard Gelderblom, Die Juden in den Dörfern des Fleckens Salzhemmendorf, Holzminden 2013, S. 117-161 passim

 
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