Hameln in der NS-Zeit

 

Die Hamelner NSDAP

 

Charakteristisch für die Hamelner NSDAP ist die Gestalt von Richard Kalusche. Der gelernte Monteur ist Parteimitglied in Hameln seit 1925. Er zählt damit zu den ältesten Nationalsozialisten der Stadt. Kalusche gründet 1929 den Hamelner SA-Sturm 33, der 1932 zur Standarte 164 erhoben wird. Am 24. 8. 1933 wird Kalusche in sein Amt als Standartenführer eingeführt. Der feierliche Akt endet mit einem feierlichen Fackelzug vor Thiemanns Hotel.

Richard Kalusche, Führer der Hamelner SA 1933
Richard Kalusche, Führer
der Hamelner SA 1933
(Quelle: Hameln-Pyrmont)

Kalusche, der in Hameln als verkrachte Existenz galt, trat in der Öffentlichkeit in der Regel mit Reitpeitsche auf und war häufig angetrunken. Im September 1936 scheidet er aus dem SA-Führerkorps aus - angeblich aus Gesundheitsgründen. Zu diesem Zeitpunkt gab es allerdings bei der SA-Gruppe Niedersachsen auch schon Bestrebungen, Kalusche "im Interesse des Ansehens der SA" aus Hameln zu entfernen, da er bei verschiedenen Gelegenheiten - meist in angetrunkenem Zustand - in der Öffentlichkeit unangenehm Aufsehen erregt hatte. Kalusche galt als nicht mehr tragbar.

Zeitweiliger "Führer" der NSDAP Hameln-Stadt war der Hauptmann und Kreisleiter Scheller. Scheller war von Juli bis Dezember 1933 sogar mit der kommissarischen Verwaltung der Stelle des Oberbürgermeisters beauftragt worden. Bereits im Dezember 1933 wird er wegen eigenmächtiger Personalpolitik und unmoralischen Lebenswandels vom Regierungspräsidenten aus seinen Ämtern entfernt, im Januar 1934 schließlich auch aus seinem Parteiamt.

Erich Teich, Kreisleiter der NSDAP im Jahre 1933
Erich Teich, Kreisleiter
der NSDAP im Jahre 1933
(Quelle: Hameln-Pyrmont)

Kreisleiter der NSDAP für Hameln-Land war seit 1. 2. 1932 Erich Teich. Er selbst bekennt sich öffentlich zu folgendem Stil: "Der Kasernenhofton und die damit verbundene selbstverständliche soldatische Kameradschaft sind unsere Umgangsformen, auch seitdem wir nach dem 30. Januar 1933 'salonfähig' geworden sind. Der ewige Spießer mag sich ärgern, wir verstehen uns und wissen, was wir wollen."

Der Hamelner Oberbürgermeister berichtet über die "Umgangsformen" des Kreisleiters an die Stapostelle Hannover: "Das Verhalten des Kreisleiters Teich, Hameln-Land, erregt Aufsehen. Teich hat ... am 18. 10. 1934 den Pächter einer Kantine im angetrunkenen Zustand angeblich ohne Grund körperlich misshandelt und beleidigt." Teich wurde offenbar erst im Mai 1935 von seinen Funktionen in Hameln abgelöst und ging nach Hannoversch-Münden.

Wilhelm Melcher war Kreisbetriebszellenleiter der nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation (NSBO) und Kreisleiter der Deutschen Arbeitsfront (DAF). Wegen Unregelmäßigkeiten in der Kassenführung wurde er im Oktober 1934 wegen Untreue zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.

Welche Ausmaße die Missstände in der Führungsspitze der Hamelner NSDAP hatten, zeigt eine zusammenfassende Beurteilung im Lagebericht der Stapostelle Hannover für November 1934, beruht: "Das Verhalten einzelner gewissenloser Elemente im Kreise Hameln hat das Ansehen der Bewegung dort aufs Schwerste geschädigt." Der besondere Radikalismus der Hamelner NSDAP, der sich stets in besonders wilden Aktionen gegen Juden sein Betätigungsfeld sucht, ist offensichtlich.

 
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