Hameln in der NS-Zeit
Kriegsende in Hameln und die Gedenktafel am Hochzeitshaus
Am 5. April 1945 hatten die amerikanischen Truppen Hameln erreicht. Das Klütviertel wurde besetzt und die Übergabe der Stadt gefordert. Die Weserbrücken waren von einem Wehrmachtskommando gesprengt worden. Bei Ohr bauten die Alliierten eine Pontonbrücke über die Weser und rückten nun auf der Ostseite des Flusses auf Hameln vor. Trotz der aussichtslosen Situation wurde die Übergabe der Stadt verweigert.
Der Beschuss der Stadt dauerte zwei Tage und fügte der Stadt große Schäden zu (u.a. Marktkirche und Rathaus). Während der Beschießung kam es zu vereinzelten Aktionen ausländischer Zwangsarbeiter, die die Feuerwehr beim Löschen in Brand geschossener Gebäude am Marktplatz hindern wollten.
In dieser Situation setzten der Kommunist Georg Schröter und der Gynäkologe Dr. Richard Klages mit einem Boot ins Klütviertel über, um durch Verhandlungen mit den Amerikanern einen weiteren Artilleriebeschuss Hamelns zu verhindern. Über den Verlauf dieser Aktion lassen sich mangels Material keine weiteren Aussagen machen. In der Nacht wurde der Beschuss eingestellt. In den frühen Morgenstunden besetzten amerikanische Truppen die Stadt - Widerstand wurde nicht mehr geleistet.
Tafel am Hochzeitshaus (Quelle: Gelderblom)
Richard Klages betrieb eine Privatklinik in einem Eckhaus gegenüber vom Kreiskrankenhaus am Wilhelmsplatz.
Georg Schröter, gelernter Tischler und führendes Mitglied der Hamelner KPD, war gleich im Februar 1933 verhaftet und in die KZ Moringen und Oranienburg und später Neuengamme gebracht worden. Nach seiner Entlassung war er Anfang 1945 nach Hameln zurückgekehrt.
Anlässlich des 40. Jahrestages des Kriegsendes brachte die Stadt Hameln in Erinnerung an die Rettung der Stadt eine Gedenktafel am Hochzeitshaus an. Sie erwähnt Richard Klages. Georg Schröter fand als Kommunist keine Erwähnung.
Zeittafel
30. März, Karfreitag
Die US-Panzer stehen bei Paderborn.
31. März, Ostersonnabend
In der Nacht zum Sonnabend wird Josef Krämer von Lauterbacher als kommissarischer Kreisleiter für Hameln eingesetzt.
Der Jurist Krämer war langjähriger, enger Mitarbeiter des Reichsministers für die besetzten Ostgebiete Dr. Frank. Dieser holt ihn 1942 ins Generalgouvernement. Seit April 1943 bis zur Räumung Krakaus im Januar 1945 ist Krämer stellvertretender "Stadthauptmann" dieser polnischen Stadt. Nach der Räumung Krakaus ist Krämer arbeitslos. Krämer meldet sich im März bei Gauleiter Lauterbacher in Hannover. In der Nacht vom 30. zum 31. März setzt ihn dieser in das seit längerer Zeit verwaiste Amt des NSDAP-Kreisleiters in Hameln ein. Hameln hat nun in den letzten Kriegstagen einen Gauleiter, der die Stadt noch nie gesehen hat und durch sein Amt völlig überfordert ist.
Krämer gibt an, er habe dabei von Lauterbacher auf mündlichem Wege die folgenden Befehle erhalten:
Errichtung von Panzersperren und Besetzung der Panzersperren mit Volkssturm
Kontrolle der Wehrmacht wegen Sprengung der Weserbrücken
Keine Übergabe der Stadt: "Wer die weiße Fahne hißt, ist des Todes."
Befehl an die politischen Leiter, sich überrollen zu lassen und als Wehrwolf zu kämpfen.
Aufforderung, alle Schwerverbrecher des Zuchthauses zu evakuieren, die leichteren Fälle jedoch freizugeben.
Unter allen Umständen sei zu verhindern, daß die Schwerverbrecher in Freiheit kämen; eine Wiederholung von 1918 - einen kommunistischen Aufstand - dürfe es auf keinen Fall geben.
Hameln wird daraufhin von Krämer zur Festung erklärt und in Verteidigungszustand versetzt.
3. April, Dienstag
Es gibt an diesem Tag einen schweren Luftangriff auf den Bahnhof mit 29 Toten. Lauterbacher, der sich auf einer Inspektionsreise längs der Weserfront von Hannoversch Münden her kommend in Hameln aufhält, erneuert seinen Befehl, äußersten Widerstand zu leisten. Krämer wird von Lauterbacher zum Verteidigungskommissar ernannt.
4. April, Mittwoch
Die Bevölkerung Hamelns wird über die bevorstehenden Brückensprengungen informiert.
Links: Gesprengte Eisenbahnbrücke von Süden (im Hintergrund rechts das Gefängnis und
die Straßenbrücke über die Weser)
Rechts: Gesprengte Weserbrücke und zerstörte Werdermühle von Süden;
im Hintergrund eine Behelfsbrücke in Höhe der Jugendherberge (Quelle: StA HM)
5. April, Donnerstag
Es ist der Tag, an dem früh morgens die Brücken gesprengt werden und der Beschuss der Stadt durch die Amerikaner von der Klütseite aus beginnt.
Links: Gesprengte Weserbrücke; längs der Brückenruine war nach Ende der Kampfhandlungen
ein Fußsteig errichtet; links die Ruine der Wesermühle
Rechts: Das ausgebrannte Rathaus sowie die zerstörte Marktkirche (im Hintergrund das Hochzeitshaus)
(Quelle: Berger)
Links: Ausgebrannte Marktkirche (Inneres) (Quelle: StA H)
Rechts: Vereidigung des Volkssturms in Hameln in den letzten Kriegsmonaten (Quelle: Haase)