Zur Geschichte der Juden in Hameln

und in der Umgebung

 

Hämelschenburg

 

Teil der Synagogengemeinde Grohnde-Ohsen im Landrabbinat Hannover
 

Lage und Größe:

Am Rampenweg; schmaler, langgezogener und abgeschrägter Streifen Land am nördlichen Rande des Dorfes
146 qm

Bestand an Steinen:

2 in den Abmessungen identische und für einen Dorffriedhof ungewöhnlich große Steine, wahrscheinlich für ein Ehepaar (beide datiert 1748), Stein der Frau mit starken Zerstörungsspuren, Stein des Mannes mit mittig angebrachter medaillonartiger Inschrift (Hinweis auf eine ursprünglich liegende Position beider Steine) 1989 unter Gestrüpp und mit Erde bedeckt eng nebeneinander liegend aufgefunden Rest aus einem größeren Bestand, der ansonsten ins 19. Jahrhundert zu datieren ist

Daten zur Geschichte:

• Einer der beiden Bestatteten (Jacob Baruch) 1742 als Mieter des zum Schloss Hämelschenburg gehörenden „Judenhauses“ bezeugt

• 1748 erste nachweisbare Bestattung; ungewöhnlich hohes Alter für einen dörflichen Friedhof

• 1830 im Privatbesitz des Hämelschenburger Juden Bernstein

• Nach dem Wegzug der Familie Bernstein Ende 19. Jahrhundert nach Hameln nicht mehr belegt und vernachlässigt

• Einige Tage nach dem 9. November 1938 durch SA-Männer des Dorfes Gellersen zerstört; die meisten Grabsteine entfernt und zweckentfremdet

• Nach dem Kriege Neubau einer Ziegelsteinmauer zum Rampenweg mit Pforte

• Seit 2005 im Besitz des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen

• 2019 Einbau eines Metalltores mit Davidstern

• Erinnerungs- und Informationstafel für 2025 geplant (Text Bernhard Gelderblom)

 

 

 

Info-Tafel auf dem jüdischen Friedhof Hämelschenburg

 

Aus einem größeren Bestand an Grabsteinen haben sich zwei für einen Dorffriedhof ungewöhnlich große und in den Abmessungen identische Exemplare erhalten. Die mittig angebrachte medaillonartige Inschrift auf einem der Steine ist ein Hinweis darauf, dass sie ursprünglich für eine liegende Position gedacht waren.

Beide Grabsteine gehen auf das Jahr 1748 zurück und dürften einem Ehepaar zugehören. Während der heute senkrecht gestellte Stein wegen starker Zerstörungsspuren nur soweit lesbar ist, dass er einer Frau gewidmet ist, nennt die Inschrift des liegenden Steins den Namen des Bestatteten: Jacob Baruch.

Jacob Baruch ist für das Jahr 1742 als Mieter des damals zum Schlosse gehörenden „Judenhauses“ bezeugt. Er stand damit unter dem Schutz des adeligen Gerichts Hämelschenburg und dürfte Kaufmann gewesen sein.

Die zahlreichen übrigen, heute verschwundenen Steine des Friedhofs gehörten der jüdischen Familie Bernstein. Sie lebte seit Ende des 18. Jahrhunderts über mehr als drei Generationen in Hämelschenburg und ernährte sich durch Handel, Schlachten und das Gerberhandwerk. Bernsteins waren im Besitz eines Hauses und im Dorfleben integriert.

Nachdem die Familie 1874 ihren Wohnsitz nach Hameln verlegte, hat es in Hämelschenburg keine jüdischen Einwohner mehr gegeben.

Im Zuge der Pogromnacht des 9. November 1938 haben SA-Männer eines benachbarten Dorfes den Friedhof zerstört. Anschließend wurden die Grabsteine entfernt und zweckentfremdet. Wahrscheinlich entgingen die beiden heute vorhandenen Steine nur deswegen dem Abtransport, weil sie in der hintersten Ecke des Friedhofs lagen und für einen Abtransport zu schwer waren.

„Seine/ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens.“ So lautet die Schlussformel auf jedem jüdischen Grabstein. Nach jüdischem Religionsgesetz sind Gräber Ruhestätten für alle Zeiten – bis zum Kommen des Messias am Ende der Tage. Ein jüdischer Friedhof ist Stätte der Ewigkeit.

 

Text Bernhard Gelderblom,Hameln

 

Lit.:

Bernhard Gelderblom, Die Ansiedlung von Juden an den Orten adeliger Gerichte im 18. Jahrhundert am Beispiel der Schlösser Hämelschenburg und Hehlen, in Hamelner Jahrbuch 2024, S. 111-122

 
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