Zur Geschichte der Juden in Hameln
und in der Umgebung
Der jüdische Friedhof in Kirchohsen-Emmerthal
Teil der Synagogengemeinde Grohnde-Ohsen |
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Lage und Größe: |
sehr schmales, langgestrecktes Geländestück am Weserufer auf einer Anschüttung längs der alten Bruchsteinmauer der ehemaligen Domäne; zur Weser hin nicht eingezäunt; etwas höher gelegen, so dass der Friedhof nicht zu sehr unter Überschwemmungen zu leiden hatte; 595 qm |
Bestand an Steinen: |
keine; ursprünglicher Bestand ca. 20 Grabsteine |
Daten zur Geschichte: |
1824 zum ersten Male bezeugt |
Für die Orte Kirchohsen, Hagenohsen und Emmern gab es einen gemeinsamen Friedhof. Das etwa 50 Meter lange, sehr schmale Grundstück erstreckt sich am Ufer der Weser längs der alten Bruchsteinmauer des Guts. Der Friedhof liegt etwas erhöht auf einer Anschüttung, so dass er nicht zu sehr unter Überschwemmungen zu leiden hatte. Zur Weser hin war das Grundstück nicht eingezäunt.
Der Friedhof soll 15 bis 20 Grabsteine gehabt haben, einige hätten bereits in den 30er Jahren schief gestanden. Er sei schon damals recht ungepflegt gewesen. Drei große, mit Metallzäunen eingefasste Grabfelder habe es gegeben.
In den Akten lesen wir zum ersten Male im Jahre 1824 über den Friedhof. Der Begräbnisplatz war damals 193 Fuß lang und 20 Fuß breit. Ein Teil wurde jedoch von anderer Seite beansprucht, so dass nur ein Gelände von 98 Fuß Länge blieb. In diesem Jahre schlossen die Juden mit der Gemeinde Kirchohsen einen Vergleich. Sie verzichteten auf immer auf eine Befriedung des Grundstücks. Die Gemeinde Kirchohsen verpflichtete sich im Gegenzug, niemals mehr Vieh über den Friedhof zu treiben, außer Gänsen und Schafen. Und nur im Notfall werde die Gemeinde Flachs auf den Friedhof legen.
Der Zustand des Friedhofs wurde durch diesen Vergleich offensichtlich nicht gebessert. 1861 beklagte die Landdrostei gegenüber dem Amt Hameln, besonders der Friedhof in Kirchohsen würde einen "wüßten Ort nächst der Weser bilden, und zur Hud und Weide mitbenutzt werden". Das Amt bestätigte damals die Missstände. Der Friedhof sei nicht befriedet; ein Weg führe darüber, den Menschen und Tiere benutzten.
Die letzte Beerdigung fand im Jahre 1927 statt. Nach Auskunft von Zeitzeugen sei der alte Josef Weitzenkorn unter großer Beteiligung der Bevölkerung bestattet worden. 1937/38 hatten dann mit den Familien Weitzenkorn und Philipp die letzten Bürger jüdischen Glaubens den Ort verlassen.
Zur Zerstörung des Friedhofes gibt es voneinander abweichende Aussagen. Gewiss ist nur, dass er zerstört wurde und dass dies spätestens 1939 geschah. Am 7. April 1939 wollten der Ortsgruppenleiter und die Bürgermeister der Gemeinden Kirchohsen und Hagenohsen das Gelände des Friedhofes als Spielplatz für einen "Erntekindergarten" zur Verfügung stellen. Ob es dazu gekommen ist, ist fraglich.

Das Gelände vor der Wiederherstellung im Jahre 1998 (Foto Gelderblom)
Nach 1945 kam es weder zu einer Rückerstattung noch zu einer Wiederherrichtung als Friedhof. Es sollen zunächst noch einzelne Grabsteine auf dem Gelände gestanden haben. Seit ca. 1960 ist der Friedhof ohne jeden Stein. Bis zum Jahre 2001 war das Gelände als Friedhof überhaupt nicht mehr erkennbar. Das Land lag wüst und diente immer wieder zum Abladen von Müll.
Im Jahre 2001 hat die Gemeinde Emmerthal einen Teil der Fläche an den Landesverband der jüdischen Gemeinden Niedersachsens zurück erstattet. Die Fläche wird von der Gemeinde seitdem regelmäßig gepflegt. Eine von der Gemeinde finanzierte Tafel erinnert seit dem 5. Oktober 2001 an das Schicksal des Friedhofes und der jüdischen Menschen, die in den Dörfern in und um Kirchohsen gelebt haben.


(Fotos Gelderblom 2012)
Der Text der Inschrift lautet:
An diesem Platz befindet sich der jüdische Friedhof für die Ortschaften Kirchohsen, Hagenohsen und Emmern.
In den alten Akten wurde der Friedhof zum ersten Male im Jahre 1824 erwähnt. Nach Auskunft von Zeitzeugen fand die letzte Beerdigung um 1936 statt: Der alte Kaufmann Weitzenkorn wurde unter großer Beteiligung der Bevölkerung bestattet. Im Jahre 1938 zerstörten die Nationalsozialisten den Friedhof mit seinen Grabsteinen und beseitigten ihn.
Dieser Friedhof ist das letzte Zeugnis des reichen, über 250 Jahre andauernden jüdischen Lebens in Emmerthal. Lange Zeit lebten hier sechs jüdische Familien. In Kirchohsen hatten sie ihre Synagoge. 1937/38, in der Zeit des Nationalsozialismus, mussten mit den Familien Weitzenkorn und Philipp die letzten Bürger jüdischen Glaubens den Ort verlassen.
Nach jüdischem Religionsverständnis darf die Ruhe der Toten auf ewig nicht gestört werden.

Überblick von Süden (Foto Gelderblom 2018)
Quellen:
HStA Hann; KrA HM-Pyr; Zeitzeugenberichte