Zur Geschichte der Juden in Hameln
und in der Umgebung
Bad Münder
Den ursprünglich weit außerhalb der Stadt angelegten jüdischen Friedhof von Bad Münder schlossen die Nationalsozialisten 1939 und bestimmten Lauenau zum neuen Begräbnisplatz.
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Lage und Größe: |
Ecke Deisterallee – Mönjesod 658 qm; ursprünglich 2424 qm, die hauptsächlich als Garten genutzt wurden |
Bestand an Steinen: |
28 Steine aus dem Belegungszeitraum 1826 bis 1917; aus einem größeren Bestand; erhebliche Zerstörungsspuren |
Daten zur Geschichte: |
• 1782 zuerst bezeugt • Letzte Beerdigung 1937 • 1938 zerstört; erzwungener Verkauf der unbelegten und als Garten benutzten Fläche • 1939 offizielle Schließung; Friedhof in Lauenau vom Regierungspräsidenten als Ersatzfriedhof bestimmt • 1941 Verkauf der als Friedhof genutzten Fläche durch die „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ an einen Privatmann, der das Gelände als Gemüsegarten nutzte Die meisten Grabsteine verwendete der neue Eigentümer zur Abstützung des nach Westen hin abfallenden Geländes. Um sie „passend“ zu machen, schlug er die vorspringenden Giebel ab. • 1953 Rückerstattung des ursprünglich als Friedhof genutzten Geländeteils • 1961 Aufstellung von 29 geborgenen Grabsteinen • 2015 Installation einer Erinnerungs- und Informationstafel (Text Bernhard Gelderblom) |

Der Friedhof von Bad Münder vom Eingang aus gesehen

Übersicht von Norden
Beide Fotos Gelderblom 2024
Erinnerungs- und Informationstafel auf dem jüdischen Friedhof
der jüdischen Gemeinde Bad Münder
Der Friedhof der jüdischen Gemeinde Bad Münder ist zuerst 1782 bezeugt. Es handelt sich um ein ursprünglich sehr großes, weit vor der Stadt liegendes Grundstück, von dem nur ein Teil als Friedhof genutzt wurde.
Nach den schrecklichen Ereignissen der Pogromnacht des 9. November 1938, die für Bad Münder die Verwüstung der Synagoge und die Verschleppung von drei Männern in das Konzentrationslager Buchenwald brachten, war die jüdische Gemeinde gezwungen, die unbelegte Hälfte des Grundstücks verkaufen.
Der Bürgermeister der Stadt setzte 1939 die Schließung des Friedhofs durch. Zu der von ihm geplanten Nutzung des Geländes als Schießstand kam es jedoch nicht. 1941 wurde auch der als Friedhof genutzte Teil an einen Privatmann verkauft, der die Grabsteine abräumte und das Gelände als Gemüsegarten nutzte.
1953 erhielt der Landesverband der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen einen Teil des Grundstücks zurück. Ohne Wissen um den ursprünglichen Standort der Grabsteine ließ dieser 1961 den Friedhof wiederherstellen. Von den 1939 noch vorhandenen 39 Steinen konnten 28 gerettet und wieder aufgestellt werden.
Nach jüdischem Verständnis ist ein Friedhof ein „Haus der Ewigkeit“, ein heiliger, unantastbarer Ort. Im Blick auf die leibliche Auferstehung der Toten am Ende der Tage hat die Ruhe der Toten dauerhaft zu sein. Die Schauseite der Steine ist in Richtung Jerusalem ausgerichtet – dorthin, wo der Messias als erster auferstehen wird.
Neben dem Gebäude der ehemaligen Synagoge ist dieser Friedhof das einzige Zeugnis des einstigen reichen jüdischen Lebens in Bad Münder. In der Zeit des Nationalsozialismus – 1933-1945 – wurden die jüdischen Bürgerinnen und Bürger der Stadt ohne erkennbaren Protest der Bevölkerung von Bürgern der Stadt entrechtet und gedemütigt. Sie wurden verjagt oder deportiert und in den Vernichtungslagern ermordet. Wir dürfen dieses Unrecht nie vergessen.
Text Bernhard Gelderblom
Lit.:
Bernhard Gelderblom, Der jüdische Friedhof in Bad Münder, in: Der Söltjer. Streifzüge durch Bad Münder und das Deister-Süntel-Tal, Heft 38, 2013, S. 58-67