Zwangsarbeit in Hameln und im Kreis Hameln-Pyrmont

 

Besuch der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter
aus Polen vom 18. - 25. September 2005 in Hameln

 

Das Besuchsprogramm

 

  Sonnabend, 17. September
  Sonntag, 18. September
  Montag, 19. September
  Dienstag, 20. September
  Mittwoch, 21. September
  Donnerstag, 22. September
  Freitag, 23. September
  Sonnabend, 24. September

 

Montag, 19. September

 

10.00 - 11.30

Stadtführung durch Hameln

 

Als Zwangsarbeiter hatten die Gäste kaum Gelegenheit gehabt, die Innenstadt Hamelns kennen zu lernen. Jetzt führte Frau Kudelska-Beiße die Gäste durch die Altstadt. Im Expo-Cafe fand dann der offizielle Empfang der Gäste durch den Oberbürgermeister der Stadt Hameln statt. Nach 60 Jahren bekannte sich die Stadt zu ihrer Verantwortung.

 

 

12.00 - 13.00

Empfang durch den Oberbürgermeister Klaus Arnecke im Expo-Cafe, anschließend Imbiss

 

 
Oberbürgermeister Klaus Arnecke
anlässlich eines Empfangs für ehemalige Zwangsarbeiter aus Polen
am Montag, 19. September 2005, 12 Uhr, im Expo-Cafe

 

Liebe Gäste aus Polen,

es sind viele Erinnerungen, die heute und in den nächsten Tagen auf Sie einstürzen werden. Erinnerungen an Angst, an Leid und Unterdrückung – Erinnerungen, die wir versuchen, mit Ihnen zu teilen.

Ich freue mich, dass Sie der Einladung nach Hameln gefolgt sind und darf Sie im Namen der Stadt herzlich willkommen heißen. Es ist für Sie sicher nicht leicht, hierher zu kommen.

In den nächsten Tagen werden Sie die Stadt und die Umgebung wieder entdecken. Dabei wird immer wieder der Gedanke an die Zeit kommen, die Sie unfreiwillig hier verbracht haben. Die Arbeitsorte, an denen Sie tätig waren, waren die Firma Kaminski, die Vereinigten Wollwarenfabriken Marienthal und die Reichsbahn. Einige von Ihnen haben auf Bauernhöfen in der Umgebung von Hameln gearbeitet.

Die Lebensbedingungen während Ihres Aufenthalts waren sehr unterschiedlich: Die Spanne reicht von familiären Lebensverhältnissen in einem bäuerlichen Betrieb bis hin zu unerträglichen Verhältnissen in den Baracken der Rüstungsbetriebe.

Es sind zum Teil traumatische Erlebnisse, die Sie nicht vergessen können. Die Zeit in Hameln hat sicher auch Ihr weiteres Leben geprägt – bis heute. Wir alle können das, was geschehen ist, nur zutiefst bedauern. Das, was Sie erlebt haben, macht uns betroffen. Wir fragen uns: Wie konnte so etwas geschehen?

Wir dürfen darunter keinen Schlussstrich ziehen, sondern müssen alles dafür tun, dass Hass, Rassismus und Intoleranz in unserer Gesellschaft nicht wieder aufkeimen können. Deshalb ist auch Ihr Besuch bei uns in Hameln so wichtig: Nur mit einem klaren Bewusstsein der Vergangenheit kann es eine Zukunft geben, in der Menschlichkeit und Zivilcourage das Miteinander bestimmen.

Nach all dem, was geschehen ist, ist es auch wichtig, noch vorn zu blicken. Und da, so meine ich, dürfen wir zuversichtlich sein. Polen und Deutsche sind heute, nach hundert Jahren erbitterter Auseinandersetzung, wieder normale, friedliche Nachbarn geworden.

Ich danke Herrn Bernhard Gelderblom und dem Arbeitskreis christlicher Kirchen in Hameln für die Initiative, ehemalige Zwangsarbeiter einzuladen. Ich danke ebenso all denen, die diesen Besuch unterstützen, sei es durch Spenden oder durch die Bereitstellung einer Unterkunft.

Meine Hoffnung ist, dass Sie in den Tagen bei uns nicht nur von offizieller Seite, sondern auch von Seiten unserer Bürgerinnen und Bürger erfahren werden, dass Hameln zu seiner Geschichte steht und auf Verständigung setzt.

In diesem Sinne darf ich Ihnen einen schönen Aufenthalt wünschen; ich hoffe, dass Sie schöne Erinnerungen von unserer Stadt mit in Ihre Heimat nehmen.

 

 

15.00 - 16.30

Besuch am Friedhof Wehl mit Kranzniederlegung an den Gräbern der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus dem Zweiten Weltkrieg

 

Ein schwerer Gang war der Besuch auf dem Friedhof Wehl. Dort liegen mehr als 300 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, darunter viele Kinder. Sie hatten in Hameln nicht überlebt.

Besonders schmerzlich war dieser Besuch für Janina Bartos und ihren Bruder Stanislaw Smus. Sie haben als Kinder in Hameln ihre Mutter und ihren neugeborenen Bruder begraben müssen. Die Feierstunde wurde von Ulrike Dangendorf eindrucksvoll musikalisch begleitet.

 

 

17.00 – 19.30

Besuch der Linsingen-Kaserne, dem Aufenthaltsort der ehemaligen Zwangsarbeiter nach ihrer Befreiung

 

Nach ihrer Befreiung durch die amerikanischen Truppen hatten die ehemaligen Zwangsarbeiter in den Gebäuden der Linsingen-Kaserne gelebt und dort auf ihre Rückkehr nach Polen gewartet. Die British Army empfing die Gäste herzlich, die sich in den vielen Gebäuden und auf dem riesigen Gelände auf Spurensuche machten.

 
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