Zwangsarbeit in Hameln und im Kreis Hameln-Pyrmont

 

Der Besuch der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen
Merem Osmanowa, Marija Sapliwaja und Marija Titowa
aus der Ukraine in Hameln
vom 27. Oktober bis 2. November 2006

 

Vorgeschichte der Einladung

 

In den Jahren 2000–2003 hat Bernhard Gelderblom mit 115 ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern vor allem aus Polen, aber auch aus der Ukraine und Russland brieflich Kontakt aufgenommen. Ein umfangreicher Briefwechsel entwickelte sich, der zeigte, wie erschütternd die Lage der nach Deutschland Deportierten war. In den Briefen klang immer wieder an, wie sehr sich die Menschen wünschten, noch einmal an die Orte ihrer Zwangsarbeit zurückzukehren, um sich den traumatischen Erlebnissen in Deutschland zu stellen.

Im Herbst 2005 konnten sechzehn ehemalige Zwangsarbeiter aus Polen Hameln besuchen. Realisiert wurde die Einladung durch eine kleine Gruppe von Ehrenamtlichen aus dem Bereich der christlichen Kirchen. Finanziert wurde sie überwiegend aus Spenden von Hamelner Bürgern und Hamelner Firmen.

 
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Weil der Besuch aus Polen einen sehr glücklichen Verlauf genommen hatte, entstand der Plan, nun auch eine Einladung in Richtung Ukraine auszusprechen, wohl wissend, dass die damit verbundenen bürokratischen Schwierigkeiten sehr viel größer sein würden. Für die Vorbereitung dieses Vorhabens fügte es sich glücklich, dass mit Martin Gniatczyk seit Herbst 2005 ein Hamelner als Freiwilliger von Aktion Sühnezeichen-Friedensdienste in Kiew arbeitete. Er half, den wichtigen Kontakt zum Ukrainischen Nationalfonds zu knüpfen, der Partnerorganisation der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" in Kiew.

21 Personen aus der Ukraine hatten in den Jahren 2001 und 2002 Briefe nach Hameln geschrieben. Mit Hilfe des Ukrainischen Nationalfonds gelang es, zu einem Teil von ihnen Kontakte aufzunehmen. Mehrere Personen aus diesem Kreis waren inzwischen gestorben. Andere waren wegen ihres hohen Alters oder wegen Krankheiten gehindert, eine Einladung nach Hameln anzunehmen. Schließlich erhielten wir die Anschriften von vier Frauen, die daran interessiert waren, einer Einladung nach Hameln zu folgen.

Zur Vorbereitung des Besuches fuhr Bernhard Gelderblom vom 8.-15. Juni 2006 in die Ukraine. Dank der großartigen Hilfe von Martin Gniatczyk gelang es, in einer 2.800 Kilometer langen Fahrt durch das große Land drei der vier Personen, die eingeladen werden sollten, zu besuchen. Drei mal wurden wir sehr herzlich empfangen. Wir konnten die Menschen von der Ernsthaftigkeit der Einladung nach Deutschland überzeugen, besprachen die aufwendigen Modalitäten der Fahrt und sicherten die Übernahme der Kosten zu. Ein Besuch beim Ukrainischen Häftlingsverband in Kiew, der die Interessen der ehemaligen Zwangsarbeiter vertritt, schuf wichtige Kontakte.

Die vier Frauen waren durchschnittlich 80 Jahre alt und brauchten für die anstrengende Fahrt jede eine Begleitung, die Tochter, den Sohn oder die Enkelin. So hatte sich eine Gruppe von insgesamt acht Personen herausgebildet. Der Termin für die Fahrt nach Hameln wurde auf die Zeit vom 27. Oktober – 2. November 2006 festgelegt. 

Der Sommer 2006 diente der konkreten Organisation der Fahrt. Aus der Spendenaktion des Jahres 2005 waren noch finanzielle Mittel geblieben, die aber nicht ausreichten. Es gelang, in der Hanns-Lilje-Stiftung in Hannover, der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten in Celle sowie der Stiftung "Erinnerung und Zukunft" in Berlin weitere Geldgeber zu finden. Der Förderverein für ökumenische Projekte in Niedersachsen e.V. erklärte sich bereit, für weitere Kosten im Zusammenhang mit der Fahrt aufzukommen.

Bei der Bewältigung der großen organisatorischen Probleme half der Ukrainische Nationalfonds, der inzwischen reiche Erfahrungen in der Abwicklung von Besuchsprogrammen hat. Zusammen mit Martin Gniatczyk war Frau Oksana Nikolaychuk unermüdlich und geduldig tätig; sie hielt die Kontakte zu den Eingeladenen und nach Hameln, brachte die Visa-Anträge auf den Weg, bestellte die Flugscheine etc.

Für die Organisation des Besuchsprogramms in Hameln fanden wir Partner und Gastgeber in der jüdischen Kultusgemeinde und der evangelischen Kreuzkirchengemeinde. Gespräche in Schulen und mit den Hamelner Bürgern kamen auf das Programm ebenso wie Besuche der ehemaligen Arbeitsorte sowie des Friedhofs Wehl. Für die Durchführung des Besuchsprogramms stand die Gruppe aus ehrenamtlichen Helfern zur Verfügung, die schon den Besuch der ehemaligen polnischen Zwangsarbeiter betreut hatte. Martin Gniatczyk und Ljudmyla Todryna standen als Dolmetscher zur Verfügung.

Wenige Tage vor der Ankunft der Gruppe erfuhren wir von der bedauerlichen Absage von Frau Sytschuk, so dass sich nun sechs Personen auf die Reise nach Hameln begaben. Martin Gniatczyk begleitete die Gruppe auf der anstrengenden Flugreise nach Hannover. 

Der folgende Bericht legt Zeugnis von einer erfüllten und glücklich verlaufenen Besuchswoche.

 
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