Zwangsarbeit in Hameln und im Kreis Hameln-Pyrmont

 

Der Besuch der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen
Merem Osmanowa, Marija Sapliwaja und Marija Titowa
aus der Ukraine in Hameln
vom 27. Oktober bis 2. November 2006

 

Das Besuchsprogramm

 

  Freitag, 27. Oktober
  Sonnabend, 28. Oktober
  Sonntag, 29. Oktober
  Montag, 30. Oktober
  Dienstag, 31. Oktober
  Mittwoch, 1. November und Donnerstag, 2. November

 

Sonnabend, 28. Oktober

 

10 Uhr Stadtrundgang

 

Eine Gästeführerin brachte in russischer Sprache unseren Gästen die Schönheiten der Altstadt Hamelns nahe. Während ihres erzwungenen Aufenthaltes hatten sie die Innenstadt nie betreten dürfen.

 
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12.00 Uhr
Empfang durch den Bürgermeister Bremeyer im Hochzeitshaus

 

Rede von Bürgermeister Bremeyer

 

Ich freue mich, dass Sie der Einladung nach Hameln gefolgt sind. Ich darf Sie im Namen der Stadt herzlich willkommen heißen!

Es sind viele Erinnerungen, die heute und in den nächsten Tagen auf Sie einstürzen werden. Erinnerungen an Angst, an Leid und Unterdrückung – Erinnerungen, die wir versuchen, mit Ihnen zu teilen. Es ist für Sie sicher nicht leicht, hierher zu kommen. Zu schwer lasten die Erinnerungen auf Ihnen.

In den nächsten Tagen werden Sie die Stadt und die Umgebung wieder entdecken. Ihnen wird Vertrautes und Altbekanntes begegnen, zugleich auch Neues und Unbekanntes. Dabei wird immer wieder der Gedanke an die Zeit hochkommen, die Sie unfreiwillig hier verbracht haben.

Etwa 10.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter haben während des Zweiten Weltkriegs in der Stadt Hameln und im Bereich des damaligen Landkreises gearbeitet – eine unvorstellbar hohe Zahl.

Es sind zum Teil traumatische Erlebnisse, die Sie nicht vergessen können. Die Zeit hier in Deutschland hat sicher auch Ihr weiteres Leben geprägt – bis heute. Wir alle können das, was geschehen ist, nur zutiefst bedauern.

Die Leidensgeschichte der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, also auch das, was Sie erlebt haben, macht uns betroffen. Wir fragen uns: Wir konnte so etwas geschehen? Wir dürfen darunter keinen wie auch immer gearteten Schlussstrich ziehen, sondern müssen alles dafür tun, dass Hass, Rassismus und Intoleranz in unserer Gesellschaft nicht wieder aufkeimen können.

Deshalb ist auch die Erinnerung, deshalb ist auch Ihr Besuch bei uns in Hameln so wichtig: Nur mit einem klaren Bewusstsein von der Vergangenheit kann es eine Zukunft geben, in der Menschlichkeit und Zivilcourage das Miteinander bestimmen.

 
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Ich danke Herrn Bernhard Gelderblom und seinen Mitstreitern für die Initiative, ehemalige Zwangsarbeiter einzuladen. Dies ist der zweite Besuch; bereits im vergangenen Jahr konnte eine Gruppe ehemaliger Zwangsarbeiter aus Polen nach Hameln eingeladen werden. Diese Besuche sind eine ganz wichtige Sache. Es ist ein Stück Erinnerungsarbeit. Ich danke daher ebenso all denen, die diesen Besuch unterstützen.

Liebe Gäste aus der Ukraine, wir möchten Ihnen zeigen, dass jene Stadt, die Sie in ihrer Trostlosigkeit und Vernarbtheit des Kriegsendes in Erinnerung haben, zu einem blühenden Gemeinwesen geworden ist. Wo früher Krieg und Zerstörung herrschten, ist heute von Nazi-Terror und Rassismus nichts zu spüren. Die Geschichte gilt uns vielmehr als Mahnung, sie soll aber nicht im Alltag bestimmend sein, da wir nach vorne sehen.

In diesem Sinne darf ich Ihnen einen schönen Aufenthalt hier wünschen; ich hoffe, dass Sie schöne Erinnerungen aus unserer Stadt mit in Ihre Heimat nehmen.

 
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18.30 Uhr
Abendessen und Gespräch in der Jüdischen Kultusgemeinde, Lohstraße

 

Die Jüdische Kultusgemeinde, deren Mitglieder zumeist aus der Ukraine oder aus Russland stammen, hatte ein kaltes Büfett vorbereitet. Im Anschluss an das Essen stellte sich jeder der Gäste mit seiner Geschichte vor. Es wurde ein Abend, der alle Anwesenden betroffen machte.

 
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