Das Zuchthaus Hameln in der NS-Zeit
und in der Nachkriegszeit
Das Zuchthaus Hameln in der NS-Zeit
Politische Häftlinge im Zuchthaus Hameln
Wilhelm Bluhm - Lebenslauf
1898 | Am 24.12.1898 geboren in Hannover-Linden Der Vater, Former von Beruf, stirbt früh, die Mutter ist eine engagierte Sozialdemokratin. Alle neun Geschwister sind in der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) engagiert. Lehre als Schlosser bei der Hanomag in Hannover-Linden |
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1917 | Eintritt in die SPD |
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1919 | Kassierer der Abteilung Linden-Nord der SPD |
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1931 | Beschäftigungslos; Fortbildung in Volkshochschulkursen |
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1934-35 | Aktive Mitarbeit in der Sozialistischen Front Im Juli1935 übernimmt Wilhelm Bluhm die Abteilung IV Linden-Nord und ist dort für die Kontakte und die Verteilung der "Sozialistischen Blätter" zuständig. |
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1936 | Am 15.9.1936 Verhaftung |
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1937 | Verurteilung vom 2. Strafsenat des Oberlandesgerichtes Hamm am 10.11.1937 wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zu fünf Jahren und zwei Monaten Zuchthaus. |
Aus der Urteilsbegründung des OLG Hamm (Urteil vom 18.11.1937): Bluhm sei ab Mai 1934 mit den Sozialistischen Blättern beliefert (zuletzt 50 Exemplare) worden. Er selbst habe weitere Abnehmer und Mitarbeiter geworben und habe insgesamt 7 Personen beliefert. Bluhm sei geständig und habe aus marxistischer Überzeugung gehandelt. Er habe die hochverräterischen Bestrebungen der Sozialistischen Front erkannt und gefördert. Er sei zwei Jahre lang tätig gewesen und habe eine große Zahl von Menschen in die Sache verwickelt. |
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1941 | Am 30.9.1941 Entlassung aus dem Zuchthaus Hameln "Inschutzhaftnahme" und Einlieferung in das KZ Sachsenhausen |
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1942 | Gestorben am 25.7.1942 im Konzentrationslager Sachsenhausen Die Kommandantur von Sachsenhausen setzte die Familie erst am 27.7.1942 vom Tod Wilhelm Bluhms in Kenntnis. Die Urne wurde nach Hannover überführt und am 26.8.1942 in Ricklingen beigesetzt. Die Beerdigung fand unter Beobachtung der Gestapo statt und glich einer Demonstration von mehr als 250 Lindener ehemaligen Sozialdemokraten. |
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1949 | Am 3. November 1949 wurden durch die Generalstaatsanwaltschaft Hamm die gegen Bluhm und andere Mitglieder der "Sozialistischen Front" ergangenen Urteile des Oberlandesgerichtes Hamm aufgehoben. |
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1950 | Nach Wilhelm Bluhm wird in Hannover-Linden eine Straße benannt. |
Die Haftzeit in Hameln vom 30.11.1937 – 30.9.1941
Auszüge aus der Häftlingsakte
Wilhelm Bluhm wird unter der Gefangenen-Nr. 296/37 registriert.
Im Aufnahmeformular wird zur Behandlung und zum Gesundheitszustand Bluhms vermerkt:
Er sei nachts auf seiner Zelle allein einzuschließen, zur Außenarbeit geeignet, jedoch nicht moorfähig.
Folgende Tagesbeobachtungen werden durch den Oberwachtmeister verzeichnet:
18.8.1938 Die Arbeit führe er zur Zufriedenheit aus, in seinem Wesen sei er mäßig und bescheiden
2.11.1938 Er arbeite recht fleißig, sein Betragen sei gut
27.2.1939 Er fertige gute Peitschenschnüre, sei fleißig und arbeite 5 Stück über dem Pensum.
Seine Führung sei gut, er verhalte sich willig und folgsam.
Einsicht in das Verwerfliche seiner Tat sei vorhanden. Er versuche nicht, seine Tat zu beschönigen.
Er hoffe sogar, als früherer Funktionär, später nicht nur den Mund zu halten zu müssen, sondern auch bei jeder Gelegenheit, die ihm geboten werde, mitzuarbeiten.
1.4.1939 Bluhm sei erst kurze Zeit beim Pantoffelmachen beschäftigt; er gebe sich Mühe, seine Arbeit zur Zufriedenheit auszuführen.
13.3.1940 Bluhm sei weiter als Pantoffelmacher beschäftigt. Trotzdem er guten Willen zeige und fleißig arbeite, leiste er kein volles Pensum.
Seine Führung im Betrieb sei ordnungsgemäß. Er verhalte sich besonders ruhig. Ordnung und Sauberkeit seien nicht zu beanstanden.
9.10.1940 Er sei als Pantoffelmacher in Außenarbeit bei der (Hamelner) Firma Pigge u. Marquardt beschäftigt und ein tüchtiger Arbeiter.
Im März 1941 stellt die Mutter ein Gnadengesuch. Im Gnadengutachten der Anstalt heißt es (in deutlicher Abweichung vom positiven Tenor der Tagesbeobachtungen):
"Bluhm hat sich während seiner Strafhaft nicht immer einwandfrei geführt. Seine Arbeitsleistungen waren zufriedenstellend. Er ist in marxistischen Gedankengängen aufgewachsen und war überzeugter Anhänger der SPD. Die lange Zuchthausstrafe hat ihn anscheinend zur Besinnung gebracht und ist durch ihre abschreckende Wirkung ausreichend, ihn vor einem Rückfalle zu bewahren. Besondere Gründe für einen Gnadenerweis bestehen jedoch nicht.
21.3.1941, gez. Hohenstein, Verwaltungsinspektor."
Das Schreiben der Gestapo Hannover vom 6.8.1941 an den Direktor des Zuchthauses stellt fest:
"Ich bitte, Bluhm ... nicht zu entlassen, sondern ihn mittels Sammeltransports in das Polizeigefängnis in Hannover überführen zu lassen."
Obwohl das Arbeitsamt Hannover (Schreiben vom 5.9.1941) Bluhm "dringend als Autoschlosser für einen Betrieb hier in Hannover" anfordert, wird dieser "am 30.9.1941 von der Polizei Hameln abgeholt", um nach Sachsenhausen gebracht zu werden.
Quellen
Häftlingsakte im Nds. Hauptstaatsarchiv Hannover
Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie, S. 41f
Silke Becker, Bluhm, Wilhelm (1898-1942), in Siegfried Mielke (Hg.), Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen. Biographisches Handbuch, Bd. 1, Berlin 2002, S. 130f