Das Zuchthaus Hameln in der NS-Zeit

und in der Nachkriegszeit

 

Das Zuchthaus Hameln in der NS-Zeit

Ausländische Häftlinge

Exkurs: "Nacht- und Nebel"-Gefangene im Zuchthaus Hameln

 

1944 wurden in mehreren Schüben ca. 200 "Nacht- und Nebel"-Gefangene aus den Niederlanden, Frankreich, Luxemburg und Belgien eingeliefert.

Der sogenannte "Nacht- und Nebel"-Erlass richtete sich gegen verhaftete Widerstandskämpfer in den besetzten west- und nordeuropäischen Ländern, Menschen, die etwa abgeschossenen alliierten Piloten Unterschlupf gewährt hatten. Diese sollten heimlich, bei "Nacht und Nebel", nach Deutschland deportiert, dort an einem geheimen Ort inhaftiert und schließlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit verurteilt werden. Ihre Namen wurden getilgt und durch Nummern ersetzt. Der Erlass geht auf Hitler zurück. Dieser versprach sich von dieser Vorgehensweise eine besonders wirksame Abschreckung. "Nacht- und Nebel"-Gefangene wurden in Deutschland häufig zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Im Strafgefängnis Wolfenbüttel waren über 700 "Nacht- und Nebel"-Gefangene inhaftiert, von denen 64 hingerichtet wurden und über 30 in der Haft starben. Auch in das Zuchthaus Hameln wurden in den letzten Monaten Gruppen von Nacht- und Nebel"-Gefangenen eingeliefert.

In Hameln lebten diese Menschen in strengster Isolation, durften keine Post empfangen und wurden von den Wachmannschaften schikaniert.

Rudi Goguel schreibt über die Ankunft und die Behandlung der "Nacht- und Nebel"-Gefangenen:

"Die zweihundert Zugänge, die in allen Listen das Zeichen NN erhielten, waren belgische und französische Freiheitskämpfer, die bei uns als Gäste in Schutzhaft sind. Der jüngste, der Schüler Andre - 16 Jahre - war der erklärte Liebling aller Kalfaktoren. Der Älteste, ein über 70jähriger belgischer Professor, kann sich im Zellenleben nicht zurechtfinden und leidet sehr.

Die Haftbedingungen dieser isolierten Gefangenen sind erbärmlich. Sie dürfen nicht schreiben oder Post empfangen. Jede Vergünstigung ist ihnen versagt. Sie erhalten kein Bettzeug mehr. Der Barbier muß sie alle 14 Tage mit der Haarschneidemaschine rasieren, angeblich wegen Seifenmangels. Kurzum, alle Schikanen werden auf NN losgelassen.

Walter ist ihr Vorarbeiter. Bald hat er persönliche Verbindung angeknüpft mit einigen NN-Führern. Wir starten eine Kampagne für eine menschenwürdige Behandlung dieser politischen Gefangenen."
Goguel, S. 135

 

Der "Nacht- und Nebel"-Erlass

Im Herbst 1941 ließ Hitler das Oberkommando der Wehrmacht und das Reichsjustizministerium das berüchtigte "Nacht- und Nebel"-Verfahren erarbeiten.

"Es ist der lange erwogene Wille des Führers, dass in den besetzten Gebieten bei Angriffen gegen das Reich oder die Besatzungsmacht den Tätern mit anderen Maßnahmen begegnet werden soll als bisher.

Der Führer ist der Ansicht: Bei solchen Taten werden Freiheitsstrafen, auch lebenslange Zuchthausstrafen, als Zeichen von Schwäche gewertet. Eine wirksame und nachhaltige Abschreckung ist nur durch Todesstrafen oder durch Maßnahmen zu erreichen, die die Angehörigen und die Bevölkerung über das Schicksal des Täters im Ungewissen halten. Diesem Zwecke dient die Überführung nach Deutschland."
Zitiert nach Justiz im Nationalsozialismus. Katalog zur Ausstellung, S. 80

 
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