Zur Geschichte der Juden in Hameln

und in der Umgebung

 

Die Synagoge Halle

 

Ihren Gottesdienst hielten die Juden von Halle in Haus Nr. 9 ab, einem alten Fachwerkhaus, das im Volksmund lange "Tempel" genannt wurde. Levi Hallenstein hatte das Gebäude 1851 gekauft und im hinteren, etwas erhöhten Gebäudeteil, der ursprünglich als dörfliche Leinensammelstelle gedient hatte, den "Judentempel" einrichten lassen. Vermutlich hat der wohlhabende Mann die bescheidenen Räumlichkeiten der jüdischen Gemeinde kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch als 1863 das Gebäude in den Besitz des Schlachters Ferdinand Breitenstein überging, wurden die Räume weiter als Synagoge genutzt.

Durch eine separate Außentreppe erreichten die Besucher den Betsaal. Das Bethaus war in einen größeren Hauptraum für die Männer (ca. 20 qm) und einen kleinen, schmalen Nebenraum für die Frauen (ca. 9 qm) unterteilt. Der Gebetsraum der Männer war durch eine hölzerne Trennwand, die mehrere Durchlässe hatte, von dem der Frauen getrennt. Männer und Frauen saßen also, wie vorgeschrieben, getrennt. Die Frauen konnten dem Gottesdienst akustisch folgen. Ob der "Tempel" nach Osten ausgerichtet war, ist nicht mehr zu klären. Das Gebäude wurde 1971 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.

Seit wann der "Tempel" nicht mehr benutzt wurde, ist nicht genau festzumachen. Für 1907 und 1909 ist gesichert, dass die wenigen damals noch in Halle lebenden jüdischen Menschen am Gottesdienst in Bodenwerder teilnahmen. Eine Statistik über Juden im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel aus dem Jahr 1875, die beispielsweise die Synagogenräume in Hehlen und Ottenstein verzeichnet, weiß erstaunlicherweise nichts von der Existenz des Betsaales (und Kantors) von Halle.

Durch einen Zufall kennen wir die Kultusgeräte, die im Betsaal von Halle vorhanden waren. Es gab einen Thora-Schrank zur Aufnahme der kostbaren Thora-Rollen, zwei Thora-Rollen sowie ein Gebetpult; außerdem zwei Schofarhörner, das sind Blasinstrumente (Widderhörner), die zu Neujahr und am Schluss des Versöhnungstages geblasen werden, und eine silberne Hand (Yad), ein kleiner Zeiger, der zur Thoralesung benutzt wird, um die kostbare Rolle bei der Lesung nicht mit den Fingern berühren zu müssen.

Das war die "normale" Ausstattung einer Synagoge. Es wird deutlich, welch hohe Kosten dafür aufzubringen waren. Besonders die Anschaffung einer Thorarolle, die mit der Hand auf Pergament geschrieben sein musste, war äußerst aufwendig.

Nachdem Ferdinand Breitenstein, der letzte Besitzer des Hauses, 1923 gestorben war, gingen die Kultgegenstände durch Erbschaft auf zwei jüdische Bürger in Schöningen über. Diese überließen sie der örtlichen jüdischen Gemeinde, wo sie seitdem im Gottesdienst benutzt wurden. Durch diesen Umstand sind wir über die Einrichtung der Halleschen Synagoge informiert.

 
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