Historische Orte in Hameln

 

Denkmäler für die Toten des Ersten Weltkriegs

 

Das Denkmal für die Gefallenen des 164er- Regiments am 164er Ring
Das Ehrenmal für die Toten des Ersten Weltkrieges im Hamelner Münster
Das Ehrenmal für die Toten der Stadtverwaltung im Hochzeitshaus

 

Durch die ungleich höhere Zahl an Opfern, die der Erste Weltkrieg im Vergleich mit vorangegangenen Kriegen gefordert hatte, stand in neu errichteten Ehrenmälern zunächst das Totengedenken im Mittelpunkt. 1919 wurden Provinzialberatungsstellen für Kriegerehrungen geschaffen, die dafür Richtlinien festlegten. Entsprechend waren Stifter vielerorts die Gemeinden oder die Kirchengemeinden und nur noch selten Kriegervereine. Die Denkmäler befinden sich darum auch häufig an oder in Kirchen und beschränken sich auf die Auflistung der Namen der Gefallenen.

Da nicht nur der Krieg verloren war, sondern auch das Kaiserreich untergegangen war, weisen die Denkmäler in aller Regel keine nationalen Symbole auf. Vielmehr zeigen sie das Eiserne Kreuz, Eichenlaub, Schwert und Stahlhelm sowie christliche Symbole. Figürliche Darstellungen bilden sterbende und trauernde Krieger ab.  

Fast in jedem deutschenDorf und jeder Kleinstadt wird heute noch mit einem Namensdenkmal an die Gefallenen der Weltkriege erinnert. In Städten war das wegen der Menge an Toten schwierig. Stattdessen gaben einige Städte wie Nürnberg, Stuttgart oder Würzburg „Gedenkbücher“ heraus. Das Bremer Ehrenmal „Altmannshöhe“ von 1934 – ein riesiger Rundbau – dürfte das größte heute noch bestehende Namensdenkmal in Deutschland sein.

Bereits im Verlauf der 1920er Jahre setzte bei der Darstellung figürlicher Szenen ein Trend zur Heroisierung ein, der die wenig später anbrechende NS-Zeit vorwegnahm. Die NS-Zeit brachte statt des Volkstrauertages der Weimarer Republik die Einführung des Heldengedenktages (am Sonntag vor dem 16. März). Er zielte auf die „Wachhaltung heldischen Geistes“; seine Durchführung lag in den Händen der Wehrmacht und der NSDAP.

Nach 1933 errichtete Denkmäler für den Ersten Weltkrieg rückten ungeschminkt und mehr denn je militaristisch die Forderung nach Opferbereitschaft, Mut und Siegesgewissheit in den Mittelpunkt. Verstärkt finden sich Siegessymbole wie Adler, Schwerter und Flammen, mitunter auch heroische Kampfesdarstellungen. Viele der Denkmäler zeigen Soldaten in Form einer steingewordenen Ehrenwache.

Um das „Heldengedenken“ aus der christlichen Gebundenheit zu lösen und in den Alltag zu integrieren, wurden die Denkmäler im öffentlichen Raum und abseits von Kirchen errichtet.

 
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Das Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieg
des 164er- Regiments am 164er Ring

Der Hamelner Magistrat befasste sich zum ersten Male am 29. August 1919 mit der Frage eines öffentlichen Ehrenmals für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges. Da auf dem Deisterfriedhof kein geeigneter Platz vorhanden sei, denke man an eine Ehrung an der zentral liegenden Marktkirche.

In Hameln gab es damals zwei Initiativen bzw. zwei gesellschaftliche Gruppen, die ein Denkmal realisieren wollten, die Stadt und den „Verein der ehemaligen 164er“. Beide Initiativen unterschieden sich in ihrer Zielsetzung voneinander. Beide versuchten mit dem Denkmal ihre Deutung des Krieges durchzusetzen, den einen ging es um die Trauer um die Toten des Krieges, den anderen um die Verehrung der Gefallenen des Regiments und Kriegsverherrlichung.

Die Stadt Hameln schrieb um 1924 einen Wettbewerb aus und setzte aus fünf eingereichten Entwürfen mit dem Erfurter Hans Walther (1888-1961) einen Künstler einstimmig auf den ersten Platz, den die traumatischen Erfahrungen als Soldat im Ersten Weltkrieg in seinem Weltbild und in seiner Kunstauffassung nachhaltig geprägt hatten.

Aus einer Gruppe eng verschlungener, nackter Leiber – unten ein tot hingesunkener Soldat und auf seiner Rückseite die Mutter mit einem Knaben – wachsen nach oben in einer Aufwärtsbewegung weitere Leiber. In Bronze ausgeführt sollte das Denkmal ca. 8,80 Meter hoch werden. Als Standort war die Einmündung der Ritterstraße in den Pferdemarkt vorgesehen, und zwar so, dass das Denkmal schon von der Bäckerstraße her gesehen werden konnte.

Die zahlreichen Gefallenen-Denkmäler, die Walther damals gestaltet hat, lassen jeden nationalen Chauvinismus vermissen. Kein Wunder, dass in der Zeit des Nationalsozialismus die meisten seiner Kriegerdenkmäler zerstört wurden.

Die zweite Initiative ging vom „Verein der ehemaligen 164er“ aus. Das Hamelner 164er-Regiment war viereinhalb Jahre an der Westfront eingesetzt und hatte 2.470 Gefallene (nach eigener Aussage über 3.000) zu beklagen, die vorwiegend aus Hameln und der Umgebung stammten.

Die Gründe, warum die Stadt auf die Realisierung ihres Denkmals verzichtete und sich statt dessen der Initiative der ehemaligen 164er für ein bloßes Regimentsdenkmal anschloss, sind heute nicht mehr auszumachen. Möglicherweise ging die politische Mehrheit für das Denkmal verloren, als die SPD 1924 bei den Gemeinderatswahlen deutlich verlor. Die Stadt stellte dem Verein der ehemaligen 164er den Platz zur Aufstellung ihres Denkmals in der Nähe der Kasernen kostenlos zur Verfügung, in einem Dreieck, den der alte Festungsgraben bildete, und sie beteiligte sich auch an der Einweihung des Denkmals der 164er.

In der Konsequenz bedeutete der Verzicht, dass es in Hameln eine Erinnerung an jene Gefallenen, die nicht im 164er Regiment, sondern in anderen Truppenteilen gedient hatten, nicht gegeben hat.

Schöpfer des Regimentsdenkmals war Architekt Oskar Schmidt aus Hannover. Er gestaltete die Anlage im Stil der neuen Sachlichkeit, wie er für das moderne Bauen in der Weimarer Zeit typisch war. Um eine zentrale Stele ordnete er im Halbkreis 13 kleine Stelen an. Sie stehen für die 13 Kompanien des Regiments und tragen, links 1914 beginnend, die Namen von Schlachten bzw. Stationierungsorten an der Westfront. Sie verzeichnen auch die Namen der Spender, von denen viele aus Orten außerhalb Hamelns stammten.

Die Hauptstele schmückt ein farbiges Mosaik. Es zeigt die Gestalt des nordischen Sigurd, „der das zerbrochene Schwert seines Vaters Siegmund neu schmiedet, um seinen Tod rächen zu können“. Es drückt Kampfbereitschaft und den Willen zur Revanche aus und steht in einer gewissen Spannung zum Stil der neuen Sachlichkeit, in dem das Denkmal gehalten ist.

Die Stele trägt die Inschrift:

„1914 – 1918
Gedenket der Gefallenen vom 4. Hann. Inf. Regiment 164“

Rechts und links der ersten Zeile waren stilisierte Helmadler aus Bronze angebracht.

Der Denkmalweihe widmete die Dewezet (24.8.1925) eine umfangreiche Darstellung.

„Kameraden … aus weiter Ferne und aus der näheren Umgebung (erg.: seien) … zu Tausenden herbeigeeilt“, darunter über 2000 auswärtige Besucher. Leider habe es in Strömen geregnet.
„Mochte auch der Zapfenstreich am Sonnabend völlig verregnen und während des Weiheaktes ein Regenschauer nach dem anderen niedergehen: es nahm doch alles einen Verlauf, wie er schöner und erhebender nicht gedacht werden kann.

Die Stadt hatte prächtigen Festschmuck angelegt; die Hauptstraßen und auch die Nebenstraßen wiesen reichen Flaggen- und Girlandenschmuck auf, so daß der Sonntag Mittag stattfindende Hauptfestzug sich in einem der Bedeutung des Tages entsprechendem Rahmen abspielte.“

In der Nähe der Kaserne war ein großes Festzelt aufgebaut. Der ehemalige Divisionspfarrer Philippi predigte vom „niedergebrochenen, zerrissenen Deutschland“. Der Tod der Vielen dürfe nicht umsonst sein. Vom Denkmal als dem „Ehrenmal deutscher Treue“ sagte er:

„Sei ein Opferstein, jetzt und den künftigen Geschlechtern, zur Auferstehung von Volk und Vaterland.“

Hauptmann Behr vom Denkmalausschuss forderte, den Boden Deutschlands frei zu machen von der feindlichen Besatzung. Die Denkmaleinweihung fiel aktuell in die Zeit der Ruhrbesetzung durch die Franzosen.

Anlässlich der Ansprache von Oberbürgermeister Jürgens wurde eine Linde gepflanzt.

Der Vorbeimarsch der teilnehmenden Hamelner vaterländischen Vereine, darunter Stahlhelm, Jungdeutscher Orden, vaterländische Frauenvereine wie der Frauenbund der deutschen Kolonialgesellschaft, dauerte 20 Minuten.

Schon am Vortag der Einweihung hatte die Dewezet (22.8.1925) über zwei Seiten die Erinnerungen von Leutnant a.D. Erwin Päts-Oldenstadt gedruckt. Im August und September 1916 hatte das Regiment mit schwersten Verlusten an der Somme-Schlacht teilgenommen, ein Jahr später an den Kämpfen in Flandern. Die gesamte Dauer des Krieges, insgesamt also viereinhalb Jahre, habe das Regiment an der Westfront gelegen und über 3000 Gefallene zu beklagen. Weitere Artikel druckte die Dewezet am 14., 21. und 23. August 1925.

Nachweise Stadtarchiv Hameln Acc. 004/03 Nr. 23 und Karton 359 Nr. 4

In den 1990er Jahren war das Denkmal sehr vernachlässigt und verschwand hinter wuchernden Büschen und Bäumen. Nachdem die Stadt den Bewuchs zurückgeschnitten hatte, war das Denkmal wieder vom 164er Ring sichtbar. Im Jahre 2001 stiftete Gerhard Schwickert als Ersatz für die lückenhafte Beschriftung in Form von Einzelbuchstaben eine Bronze-Tafel, die freilich in ihrer Massivität die Ästhetik des Denkmals verletzt.

 
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Text der am 5. Oktober 2011 eingeweihten Tafel des Volksbundes

 

Dieses Kriegerdenkmal wurde nach dem Ersten Weltkrieg aus Bürgerspenden errichtet und am 23. August 1923 unter großer Beteiligung der Bevölkerung eingeweiht.

Das farbige Siegfried-Mosaik soll Tapferkeit und Heldenmut symbolisieren. Vor einem von Blitzen durchzuckten Hintergrund schmiedet der germanische Held das blanke und scharfe Schwert – für den nächsten Krieg. Die Darstellung Siegfrieds steht in krassem Widerspruch zur Realität des massenhaften Todes im Schützengraben und dem unsäglichen Leid der vielen Verwundeten auf deutscher und französischer Seite.

Das Halbrund der dreizehn Steintafeln steht für die dreizehn Kompanien des Regiments und die zahlreichen verlustreichen Kämpfe, die es in Frankreich bestand.

Das Denkmal erinnert – ohne die Zahl zu nennen – an die erschütternd große Zahl von 2.470 gefallenen Soldaten des in Hameln beheimateten 164er-Regiments. Die Zahl der aus Hameln stammenden Gefallenen, die auch in anderen Truppenteilen dienten, dürfte noch höher gewesen sein.

Das damalige Deutschland konnte die Niederlage gegen den „Erbfeind“ Frankreich nicht verwinden. Nur wenige Jahre später – 1940 –überfiel Hitlerdeutschland den Nachbarn erneut. 1944 sollte an dieser Stelle zusätzlich ein vorläufiges Ehrenmal für die Gefallenen dieses Krieges errichtet werden. Kurz vor Ende des Krieges wurde es nicht mehr verwirklicht.

Die hohe Anzahl der Toten allein aus Hameln führt uns eindrucksvoll den Widersinn dieses Krieges vor Augen. Dieses Denkmal soll uns eine Mahnung vor den Folgen jeden Krieges und vor übersteigertem Nationalismus sein. Von ihm muss die Hoffnung auf ein geeintes Europa und für eine friedvolle Zukunft ausgehen.

 
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Das Ehrenmal für die Toten des Ersten Weltkrieges im Hamelner Münster

Die Münstergemeinde ließ nach dem Ersten Weltkrieg auf der nördlichen Außenwand des Münsters die Namen der Hamelner Gefallenen aufmalen. Einzelheiten dieser Initiative sind heute nicht mehr in Erfahrung zu bringen.

Die Namen sind heute (2012) weitgehend verblasst. Beispielhaft wurden Teile wiederhergestellt. An eine komplette Restaurierung, die sich sehr aufwändig gestalten würde, ist nicht gedacht.

 
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Das Ehrenmal für die Toten der Stadtverwaltung im Hochzeitshaus

Der Totenehrung der Gefallenen aus der Verwaltung der Stadt Hameln diente ein Denkmal, das 1931 als tragende Säule neben einer in Schwarz gehaltenen Texttafel im Eingangsbereich des Erdgeschosses im Hochzeitshaus aufgestellt wurde. Es stammt von dem oben erwähnten Erfurter Hans Walther.

Der unbekleidete Krieger ist durch verschiedene Attribute als Rattenfänger kenntlich gemacht. Der Zusammenhang zwischen Rattenfängersage und Totenehrung beruht auf der früher verbreiteten Rückführung der Sage auf die Schlacht bei Sedemünder. Im Kampf mit den Soldaten des Mindener Bischofs wurde das kleine Hamelner Heer im Jahre 1260 vollständig aufgerieben. Der Pfeifer der Sage wird zum Symbol des Opfertodes deutscher Männer im Krieg.

Die Skulptur stand bis 2004/05 im Eingangsbereich des Hochzeitshauses. Im Zuge des Umbaus des Hochzeitshauses für die „Erlebniswelt Renaissance“ wurde sie zerstört und liegt heute in mehreren Teilen der Witterung ungeschützt ausgesetzt auf dem Lagerplatz des Hamelner Friedhofs am Wehl.

 
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