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Das Zuchthaus Hameln in der Nachkriegszeit
Der Umgang mit den Gräbern der Hingerichteten in Hameln
1986 bis heute
Wie ging es weiter? Die FAP zerstritt sich über ihren Kurs und trat nicht zur Landtagswahl an (DEWEZET 14.5.1986). Im Mai 1986 wurde Oskar Hinzmann zu 5 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt (DEWEZET 27.5.1986). Hinzmann, der schwerer Alkoholiker war, hatte auf
"Kameradschaftstreffen" mehrfach "Sieg Heil" oder auch "Heil Hitler"
gerufen. Die Polizei ging nun endlich schärfer gegen die FAP vor und führte einen bundesweiten Schlag gegen die Aktionsfront Nationale Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA), die mit der FAP in Verbindung stand. 1988 wurden in HM Wohnungen von FAP-Anhängern untersucht (DEWEZET 3.3.1988). Seitdem Oskar Hinzmann sich von der FAP losgesagt hatte, war die Hamelner Gruppe nur noch ein versprengter Haufen. Im Januar 1988 erschien die Dokumentation von Peter Krone über die "Hingerichtetengräber". Sie referiert für jeden Hingerichteten die Gründe, die zur Verurteilung führten, enthält sich freilich jeder Stellungnahme in der Frage der Bewertung der damals gefällten Urteile. Es gab auch keine öffentliche Diskussion über die Studie. Den bedeutendsten Anteil daran, dass Hameln damals
in negative Schlagzeilen der Presse geriet, hatten neben der FAP und
der BI Mitglieder der bürgerlichen Parteien im Rat. Sie hielten unbeirrt
an der Initiative fest, als längst klar war, wes Geistes Kind sie war.
Am Volkstrauertag 1993 kamen erneut ca. 77 Mitglieder der FAP und der Wiking-Jugend sowie Skinheads. Die Polizei stellte Personalien fest und fand bei Durchsuchungen der Fahrzeuge Waffen, Funkgeräte und ein Sprühgerät. Zuletzt für den 5. März 2001 stellte die Nordhäuser NPD bei der Stadt Hameln einen Antrag, auf dem Wehl eine Gedenkfeier zu veranstalten. Am 5. März 1986 hatte der Rat die Einebnung der Hingerichteten-Gräber beschlossen. Dieses Tages wollte die Nordhäuser NPD gedenken! Die Stadt untersagte die Gedenkfeier und die NPD verschonte Hameln mit ihrem Auftritt (Hamelner Markt 8.3.2001). Der Spuk ist also nicht vorbei. Die Rechten vergessen wirklich nicht. Sie haben ihren eigenen Gedenkkalender. Die Homepage einer studentischen Burschenschaft unter dem Titel "Die Kommenden" enthält seit Jahren und bis heute umfangreiche Ausführungen unter der Überschrift: "Das grauenhafte Geheimnis von Hameln". Sie erzählt noch einmal die Legende von dem 25jährigen
Deutschen, der wegen des Besitzes von 5 Patronen hingerichtet wurde.
Der Friedhof von Landsberg am Lech in Bayern ist die amerikanische Entsprechung zu Hameln. Dort liegen auf dem Anstaltsgelände ca. 320 Personen, bestattet im Zeitraum von 1944-1957. Darunter sind die bis Kriegsende in der Anstalt an Mangelkrankheiten Verstorbenen und die nach Kriegsende von der amerikanischen Besatzungsmacht hingerichteten NS-Täter (140). Träger des Friedhofes ist der Freistaat Bayern, der die Pflege der JVA übergeben hat. Die Gräber sind mit einem einfachen Holzkreuz oder einer Kupferplatte versehen, auf der der Name und der Todestag eingraviert sind. Es gab Aktionen rechtsgerichteter Gruppen, die aber unter Kontrolle der Anstalt und der Polizei standen und nicht zu Ausschreitungen führten. Bis heute werden immer wieder Neonazis auf dem Friedhof aktiv. "An Allerseelen (erg.: 2003) sind 30 Glatzen aufmarschiert und haben Kränze niedergelegt." (Süddeutsche Zeitung 14.2.2003). Jetzt gibt es auch in Landsberg Pläne zur Einebnung, aber auch Proteste dagegen, die nachdenklich machen. Der Landsberger Heimatpfleger sagt: Die Entfernung der Gräber nehme die Anschaulichkeit und damit den Anstoß zur Auseinandersetzung mit der NS-Zeit (nach Süddeutsche Zeitung 14.2.2003). Der Fraktionschef der Grünen im bayrischen Landtag formuliert: "Wenn man den Nazi-Spuk vertreiben will, dann muss man offensiv aufklären" (Süddeutsche Zeitung 14.2.2003). Das Justizministerium hat beim Institut für Zeitgeschichte eine wissenschaftliche Dokumentation über den Friedhof in Auftrag gegeben. Wenn sie vorliegt, soll über die endgültige Gestaltung des umstrittenen Geländes entschieden werden. Thomas Raithel, Die Strafanstalt Landsberg am Lech und der Spöttinger Friedhof (1944-1958). Eine Dokumentation im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, München 2009 In der aufgeheizten Atmosphäre der Jahre 1985/86 war
die Beseitigung der Gräber notwendig. Sie kann auch nicht rückgängig
gemacht werden. Im Sinne einer offensiven Auseinandersetzung mit der
NS-Zeit kann ich mir heute aber die Aufstellung einer Tafel vorstellen,
welche die Geschichte dieses Gräberfeldes dokumentiert. Dies sage ich
auch im Blick auf Besuche von Angehörigen dort Bestatteter.
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© Bernhard Gelderblom Hameln |