Hauptsächlich lebten die Juden vom Hausierhandel, denn es war ihnen verboten, offene Läden zu führen. Sie verwandelten sich in wandelnde Läden und suchten die Kunden in ihren Häusern auf.
Auf dem Lande kauften oder beliehen sie das Korn, betrieben Pferde- und Viehhandel und handelten mit geschlachtetem Fleisch, was zu häufigen Klagen der christlichen Metzger führte.
Obwohl der absolutistische Staat die wirtschaftliche Tätigkeit der wenigen wohlhabenden Juden begrüßte und förderte, gab er mit einer Fülle von antijüdischen Gesetzen und Verordnungen dem Druck der Bevölkerung nach, der unverändert von Konkurrenzneid und religiösem Hass geprägt war. Die Juden selbst lieferten Anlässe, indem sie notgedrungen die diskriminierenden gesetzlichen Beschränkungen überschritten oder umgingen und in manchen Fällen den Weg ins Gaunertum wählten.
Hameln erhielt damals als "Haupt- und Prinzipalfestung" der Welfen einen breiten Festungsgürtel, der die Stadt wie ein Halseisen umschloss und ihre wirtschaftliche Entwicklung hemmte. Die Stadt hatte 2632 Einwohner.
1689 gab es vier jüdische Familien mit insgesamt 37 Personen in der Stadt. Es handelte sich offenbar um wohlhabende Familien, die überwiegend ein Haus und Dienerschaft besaßen. Beispielsweise lebte damals im eigenen Hause Abraham Goldschmidt (70 Jahre, "Jude und Brauer") mit seiner gleichaltrigen Frau, dem 26jährigen Sohn Samuel, dessen Frau, zwei Töchtern sowie Diener und Magd. – Abraham Goldschmidt ist ein Schwager der Glückel Hameln, von der wir noch hören werden!
Mehrere der um 1700 in Hameln lebenden jüdischen Familien (Gans, Schay, Hamm, Heine und Goldschmidt) kennen wir auch aus anderen Städten. Die Männer besuchten regelmäßig die Leipziger Messe. Es handelte sich um wohlhabende Fernhändler mit weitreichenden Beziehungen. Die Familie Gans lieferte z.B. Edelmetall für die Münze in Minden. Die genannten Familien waren durch Heiraten vielfältig verwandtschaftlich miteinander verbunden. Es waren Familien der jüdischen Oberschicht.
© Bernhard Gelderblom Hameln